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[Mitte Okt 1799]

775

Leipzig, Unger an Goethe (Biedermann 106 f):

[ QuZ Nr. I-775: Ich überreiche Ihnen verehrungswürdiger Herr Geheimeraht eine kleine Spielerei von Holzschnitt, die ich zur 344Stempelung meiner Kalender für die Zukunft brauchen will. Ihre gütige Nachsicht bei meinen Arbeiten macht mich so dreist, Ihnen auch eine so große Kleinigkeit zu übersenden. – Die neuern Holzschneider in England1 haben in mir große Lust erregt, ein Gedicht in groß 8- oder Quart prächtig zu drukken, und solches mit 6 oder 8 großen Holzschnitten zu versehen. Ach, wenn Sie doch dieser große Dichter wären, der hierzu geneigt wäre! – Sie erwähnten vor einiger Zeit daß Sie den Faust herausgeben würden2. Schickt sich mein vorzuhabendes Unternehmen dazu? Und wäre es nicht zu große Vermessenheit von mir, daß meine Arbeiten neben den Ihrigen stünden. Allein da Sie schon öfter das Schicksal hatten, daß Ihre Schriften mit sehr mittelmäßigen Verzierungen vermischt wurden, so wäre dies zwar wohl ein Trost für mich, daß meine Bitte vielleicht gewährt würde, wenn ich mir nicht vorgesezt hätte, daß mein möglichster Fleiß dazu aufgewandt werden sollte, u. daß ich alles leisten wollte, um keine Schande davon zu tragen. Es versteht sich von selbst, daß Erfindung und Zeichnung alles nach Ihrem Sinn u. Angabe gemacht würden, u. daß wohl einige Jahre verstreichen könnten, ehe meine Arbeit vollendet wäre, u. die immer so lange liegen bliebe, bis Sie den Text endigen könnten. – Fänden Sie meine Idee ausführbar, so wär noch keine Arbeit von mir mit solcher Freude u. so vielem Kunstgefühl unternommen.

Ich glaubte oder hoffte, schon ein Theil Mspt. zum 7ten Bande vor meiner Abreise zu erhalten; meine Sehnsucht ist aber nicht gestillt worden; nur durch Herrn Zelter erfuhr ich zu meiner größten Freude Ihr gütiges Andenken an mich ]3.