Dom.

Amt, Orgel und Gesang.


Grethchen unter vielem Volke. Böser Geist hinter Grethchen.
Böser Geist.
3776Wie anders, Grethchen, war dir’s,
Als du noch voll Unschuld
Hier zum Altar trat’st,
Aus dem vergriffnen Büchelchen
3780Gebethe lalltest,
Halb Kinderspiele,
Halb Gott im Herzen.
Grethchen!
Wo steht dein Kopf?
3785In deinem Herzen,
Welche Missethat?
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Beth’st du für deiner Mutter Seele, die
Durch dich zur langen, langen Pein hinüber schlief?
3790– Und unter deinem Herzen
Regt sich’s nicht quillend schon,
Und ängstet dich und sich
Mit ahndungsvoller Gegenwart?
Grethchen.
Weh! Weh!
3795Wär’ ich der Gedanken los,
Die mir herüber und hinüber gehen
Wider mich!
Chor.
Dies irae dies illa
Solvet Saeclum in favilla.
Orgelton.
Böser Geist.
3800Grimm faßt dich!
Die Posaune tönt!
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Die Gräber beben!
Und dein Herz,
Aus Aschenruh’
3805Zu Flammenqualen
Wieder aufgeschaffen,
Bebt auf!
Grethchen.
Wär’ ich hier weg!
Mir ist als ob die Orgel mir
3810Den Athem versetzte,
Gesang mein Herz
Im tiefsten lös’te.
Chor.
Iudex ergo cum sedebit,
Quidquid latet adparebit,
3815 Nil inultum remanebit.
Grethchen.
Mir wird so eng’!
Die Mauern-Pfeiler
Befangen mich!
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Das Gewölbe,
3820Drängt mich! – Luft!
Böser Geist.
Verbirg dich! Sünd’ und Schande
Bleibt nicht verborgen.
Luft? Licht?
Weh dir.
Chor.
3825 Quid sum miser tunc dicturus?
Quem patronum rogaturus?
Cum vix justus sit securus.
Böser Geist.
Ihr Antlitz wenden
Verklärte von dir ab.
3830Die Hände dir zu reichen,
Schauert’s den Reinen.
Weh!
168
Chor.
Quid sum miser tunc dicturus?
Grethchen.
3834Nachbarinn! Euer Fläschchen! –
Sie fällt in Ohnmacht.