∞Auerbachs Keller in Leipzig.
∞Zeche lustiger
Gesellen.
∞Frosch.
2073Will keiner trinken? keiner lachen?
2074Ich will euch lehren Gesichter machen!
2075Ihr seyd ja heut wie nasses Stroh,
2076Und brennt sonst immer lichterloh.
∞Brander.
2077Das liegt an dir; du bringst ja nichts herbei,
2078Nicht eine Dummheit, keine Sauerey.
∞Siebel.
2081Zur Thür hinaus wer sich entzweyt!
2082Mit offner Brust singt Runda, sauft und schreit!
2083Auf! Holla! Ho!
∞Brander.
2092Ein garstig Lied! Pfuy! ein politisch Lied!
2093Ein leidig Lied! Dankt Gott mit jedem Morgen
2094Daß ihr nicht braucht für’s Röm’sche Reich zu
sorgen!
2095Ich halt’ es wenigstens für reichlichen Gewinn,
2096Daß ich nicht Kaiser oder Kanzler bin.
2097Doch muß auch uns ein Oberhaupt nicht fehlen;
2098Wir wollen einen Papst erwählen.
2099Ihr wißt, welch eine Qualität
2100Den Ausschlag gibt, den Mann erhöht.
∞Siebel.
2108Ja, singe, singe nur, und lob’ und rühme sie!
2109Ich will zu meiner Zeit schon lachen.
2110Sie hat mich angeführt, dir wird sie’s auch so
machen.
2111Zum Liebsten sey ein Kobold ihr beschert!
2112Der mag mit ihr auf einem Kreuzweg schäkern;
2113Ein alter Bock, wenn er vom Blocksberg kehrt,
2114Mag im Galopp noch gute Nacht ihr meckern!
2115Ein braver Kerl von echtem Fleisch und Blut
2116Ist für die Dirne viel zu gut.
2117Ich will von keinem Gruße wissen,
2118Als ihr die Fenster eingeschmissen!
∞Brander
∞auf den Tisch
schlagend.
2119Paßt auf! paßt auf! Gehorchet mir!
2120Ihr Herrn gesteht, ich weiß zu leben;
2121Verliebte Leute sitzen hier,
2122Und diesen muß, nach Standsgebühr,
2123Zur guten Nacht ich was zum Besten geben.
2124Gebt Acht! Ein Lied vom neusten Schnitt!
2125Und singt den Rundreim kräftig mit!
∞Er singt.
∞Brander.
∞Brander.
∞Siebel.
2150Wie sich die platten Bursche freuen!
2151Es ist mir eine rechte Kunst,
2152Den armen Ratten Gift zu streuen!
∞Altmayer.
2154Der Schmerbauch mit der kahlen Platte!
2155Das Unglück macht ihn zahm und mild;
2156Er sieht in der geschwollnen Ratte
2157Sein ganz natürlich Ebenbild.
∞Mephistopheles.
2158Ich muß dich nun vor allen Dingen
2159In lustige Gesellschaft bringen,
2160Damit du siehst wie leicht sich’s leben läßt.
2161Dem Volke hier wird jeder Tag ein Fest.
2162Mit wenig Witz und viel Behagen
2163Dreht jeder sich im engen Zirkeltanz,
2164Wie junge Katzen mit dem Schwanz.
2165Wenn sie nicht über Kopfweh klagen,
2166So lang’ der Wirth nur weiter borgt,
2167Sind sie vergnügt und unbesorgt.
∞Brander.
2168Die kommen eben von der Reise,
2169Man sieht’s an ihrer wunderlichen Weise;
2170Sie sind nicht eine Stunde hier.
∞Frosch.
2171Wahrhaftig du hast Recht! Mein Leipzig lob’ ich mir
2172Es ist ein klein Paris, und bildet seine Leute.
∞Frosch.
2174Laßt mich nur gehn! Bei einem vollen Glase,
2175Zieh’ ich, wie einen Kinderzahn,
2176Den Burschen leicht die Würmer aus der Nase.
2177Sie scheinen mir aus einem edlen Haus,
2178Sie sehen stolz und unzufrieden aus.
∞Mephistopheles
∞zu Faust.
2181Den Teufel spürt das Völkchen nie,
2182Und wenn er sie bei’m Kragen hätte.
∞Siebel.
2183Viel Dank zum Gegengruß.
∞Leise, Mephistopheles
von der Seite ansehend.
2184Was hinkt der Kerl auf Einem Fuß?
∞Mephistopheles.
2185Ist es erlaubt, uns auch zu euch zu setzen?
2186Statt eines guten Trunks, den man nicht haben kann,
2187Soll die Gesellschaft uns ergetzen.
∞Frosch.
2189Ihr seyd wohl spät von Rippach aufgebrochen?
2190Habt ihr mit Herren Hans noch erst zu Nacht
gespeis’t?
∞Mephistopheles.
2191Heut sind wir ihn vorbei gereist!
2192Wir haben ihn das letztemal gesprochen.
2193Von seinen Vettern wußt’ er viel zu sagen,
2194Viel Grüße hat er uns an jeden aufgetragen.
∞Er neigt sich gegen
Frosch.
∞Mephistopheles.
2197Wenn ich nicht irrte, hörten wir
2198Geübte Stimmen Chorus singen?
2199Gewiß, Gesang muß trefflich hier
2200Von dieser Wölbung wiederklingen!
∞Brander.
2219Vergeßt nur nicht dem Schneider einzuschärfen,
2220Daß er mir auf’s genauste mißt,
2221Und daß, so lieb sein Kopf ihm ist,
2222Die Hosen keine Falten werfen!
∞Mephistopheles.
2223In Sammet und in Seide
2224War er nun angethan,
2225Hatte Bänder auf dem Kleide,
2226Hatt’ auch ein Kreuz daran,
2227Und war sogleich Minister,
2228Und hatt’ einen großen Stern.
2229Da wurden seine Geschwister
2230Bei Hof’ auch große Herrn.
∞Mephistopheles.
2245Ich tränke gern ein Glas, die Freiheit hoch zu
ehren,
2246Wenn eure Weine nur ein bißchen besser wären.
∞Mephistopheles.
2248Ich fürchte nur der Wirth beschweret sich;
2249Sonst gäb’ ich diesen werthen Gästen
2250Aus unserm Keller was zum Besten.
∞Frosch.
2252Schafft ihr ein gutes Glas, so wollen wir euch
loben.
2253Nur gebt nicht gar zu kleine Proben;
2254Denn wenn ich judiciren soll,
2255Verlang’ ich auch das Maul recht voll.
∞Frosch.
2264Gut! wenn ich wählen soll, so will ich Rheinwein
haben.
2265Das Vaterland verleiht die allerbesten Gaben.
∞Mephistopheles,
∞indem er an dem
Platz, wo Frosch sitzt, ein Loch in den Tischrand bohrt.
2266Verschafft ein wenig Wachs, die Pfropfen gleich zu
machen!
∞
Mephistopheles bohrt, einer
hat indessen die Wachspfropfen gemacht und verstopft.
∞Brander.
2270Man kann nicht stets das Fremde meiden,
2271Das Gute liegt uns oft so fern.
2272Ein echter deutscher Mann mag keinen Franzen leiden,
2273Doch ihre Weine trinkt er gern.
∞Siebel
∞indem sich
Mephistopheles seinem Platze nähert.
2274Ich muß gestehn, den sauern mag ich nicht,
2275Gebt mir ein Glas vom echten süßen!
∞Altmayer.
2277Nein, Herren, seht mir in’s Gesicht!
2278Ich seh’ es ein, ihr habt uns nur zum Besten.
∞Mephistopheles.
2279Ey! Ey! Mit solchen edlen Gästen
2280Wär’ es ein bißchen viel gewagt.
2281Geschwind! Nur grad’ heraus gesagt!
2282Mit welchem Weine kann ich dienen?
∞Nachdem die Löcher alle
gebohrt und verstopft sind,
∞Mephistopheles
∞mit seltsamen
Geberden.
2284Trauben trägt der Weinstock!
2285Hörner der Ziegenbock;
2286Der Wein ist saftig, Holz die Reben,
2287Der hölzerne Tisch kann Wein auch geben.
2288Ein tiefer Blick in die Natur!
2289Hier ist ein Wunder, glaubet nur!
2290Nun zieht die Pfropfen und genießt!
∞Alle
∞indem sie die
Pfropfen ziehen, und jedem der verlangte Wein in’s
Glas läuft.
2291O schöner Brunnen, der uns fließt!
∞Sie trinken
wiederholt.
∞Siebel
∞trinkt unvorsichtig,
der Wein fließt auf die Erde, und wird zur Flamme.
2299Helft! Feuer! Helft! Die Hölle brennt!
∞Mephistopheles
∞die Flamme
besprechend.
2300Sey ruhig, freundlich Element!
109
∞Zu dem Gesellen
2301Für dießmal war es nur ein Tropfen Fegefeuer.
∞Siebel.
2302Was soll das seyn? Wart! Ihr bezahlt es theuer!
2303Es scheinet, daß ihr uns nicht kennt.
∞Altmayer
∞zieht einen Pfropf
aus dem Tisch, es springt ihm Feuer entgegen.
2311Ich brenne! ich brenne!
∞Sie ziehen die Messer und
gehn auf Mephistopheles los.
∞Mephistopheles
∞mit ernsthafter
Geberde.
2313Falsch Gebild und Wort
2314Verändern Sinn und Ort!
2315Seyd hier und dort!
∞Sie stehn erstaunt und
sehn einander an.
110
∞Er faßt Siebeln bei der
Nase. Die andern thun es wechselseitig und heben die
Messer.
∞Mephistopheles
∞wie oben.
2320Irrthum, laß los der Augen Band!
2321Und merkt euch wie der Teufel spaße.
∞Er verschwindet mit
Faust, die Gesellen fahren aus einander.
∞Altmayer.
2324Es war ein Schlag, der ging durch alle Glieder!
2325Schafft einen Stuhl, ich sinke nieder!